Gleichstellungsantrag sicherer Arbeitsplatz
Für Personen, die einen „sicheren Arbeitsplatz“ wie bei Beamten, Richtern auf Lebenszeit und Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz innehaben, bedarf es einer besonderen Prüfung, ob die Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 SGB IX vorliegen. Bei diesen Personengruppen können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung zwar vorliegen, es bedarf aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nicht behinderten Kollegen.
Der Kläger begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Der 1951 geborene, verheiratete Kläger ist von Beruf Facharbeiter für Kabelmechanik. Er arbeitete bis Ende 1993 in verschiedenen Tätigkeiten, u. a. als Kraftfahrer im Staatlichen Kontrolldienst für Seren und Impfungen, Gruppenleiter in einem Kinderferienlager, Delegationsbetreuer bzw. -fahrer im Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der ehemaligen DDR, Abteilungsleiter für mat.-techn. Basis im Kaufhallenverband Berlin, Lehrausbilder des Zentralinstituts für Schweißtechnik, Brandschutzinspektor im Zentralen Warenkontor, Mitarbeiter/technischer Redakteur im Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik bzw. Statistischen Zentralamt (der ehemaligen DDR), Bürosachbearbeiter bzw. Sachbearbeiter im Statistischen Bundesamt. Ab 01. Januar 1994 war der Kläger zunächst arbeitslos.
Der Kläger arbeitete ab 01. April 1995 als vollbeschäftigter Aushilfsangestellter (Fachkraft für IT-Schulung) zur Vertretung für einen anderen Angestellten beim Land Berlin, vertreten durch den Polizeipräsidenten in Berlin zunächst befristet bis zum 31. Dezember 1996. Der Beginn seiner Beschäftigungszeit nach § 19 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) wurde auf den 28. August 1993 festgestellt. Für die Zeit ab 01. Januar 1997 wurde der Arbeitsvertrag verlängert ohne Nennung eines bestimmten Datums, aber abhängig davon, ob für den vertretenen Angestellten eine anderweitige Verwendung gefunden, dieser umgesetzt, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide oder die Stelle anderweitig frei würde. Am 21. April 1999 schlossen die Arbeitsvertragsparteien einen Arbeitsvertrag (vom 22. Oktober 1999) auf unbestimmte Zeit, wonach der Kläger als vollbeschäftigter Angestellter weiter beschäftigt wurde. Zum 01. Oktober 2001 wurde der Kläger auf unbestimmte Zeit als vollbeschäftigter Angestellter bei derselben Dienststelle als technischer Sachbearbeiter Sicherheitstechnik tätig. Seine Vergütung regelte sich von da an vorläufig nach der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 21 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT). Mit Wirkung ab 01. Dezember 2001 richtete sich die Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT. Nach einem Schreiben vom 04. Januar 2002 des Polizeipräsidenten in Berlin sollte der Kläger nach einer achtjährigen Bewährung in der Tätigkeit als Sachbearbeiter Sicherheitstechnik in die Vergütungsgruppe IV a (Anlage 1 a zum BAT Teil I Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 10 c) BAT frühestens am 01. Dezember 2009 höhergruppiert werden. Der Polizeipräsident in Berlin teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23. November 2005 mit, dass die von ihm wahrgenommene Aufgabe eines technischen Sachbearbeiters Sicherheitstechnik in der Folge von Umstrukturierungen wegfalle. Damit einhergehend wurde die mit diesem Aufgabengebiet verbundene Stelle im Haushaltsjahr 2006 mit einem sogenannten „kw“-Vermerk versehen (kw: künftig wegfallend). Infolgedessen wurde der Kläger mit Wirkung zum 01. Juni 2006 aus dienstlichen Gründen zum Zentralen Personalüberhangmanagement (ZeP) versetzt. Für den Zeitraum vom 01. Juni 2006 bis 30. September 2007 ordnete diese Dienstbehörde den Kläger als technischen Angestellten zum Polizeipräsidenten in Berlin ab. Da sich während der Abordnung des Klägers zum Polizeipräsidenten in Berlin keine weitere Stellenperspektive ergeben hatte, wurde er mit Wirkung vom 09. Juli 2007 zunächst befristet bis 08. Juli 2008 zum Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung in den Bereich Technische Dienste abgeordnet. Mit der Abordnungsverfügung vom 28. Juni 2007 versicherte ihm seine personalführende Dienststelle, dass seine Tätigkeit seiner bisherigen Vergütungsgruppe entspreche und sie voll von den arbeitsvertraglichen Grundlagen gedeckt sei. In den Zeiträumen von Januar bis März 2007 sowie August 2007 bis März 2008 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Mit Wirkung vom 01. Juli 2010 wurde der Kläger für den Zeitraum vom 01. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 zu der Dienstbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in einen befristeten Übergangseinsatz zur Projektarbeit mit hohem technischen Verständnis (Geodatenservice) abgeordnet.
Infolge des In-Kraft-Tretens des Tarifvertrages zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (Angleichungs-Tarifvertrag Land Berlin) mit Wirkung zum 01. November 2010 wurde die Vergütung des Klägers von bislang der Vergütungsgruppe IV b BAT/BAT O nach Maßgabe der Anlage 1 (Entgelttabelle) des Angleichungs-Tarifvertrages des Landes Berlin in die Entgeltgruppe 10, individuelle Zwischenstufe 4 +, übergeleitet. Zu seinem Bewährungsaufstieg sollte der Kläger eine gesonderte Mitteilung erhalten. Mit Wirkung zum 01. Juli 2011 wurde seine Abordnung zur Dienststelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weiterhin für einen befristeten Übergangseinsatz bis 30. Juni 2012 verlängert. Zum 09. August 2012 hatte der Kläger die geforderte Bewährungszeit für eine Höhergruppierung erfüllt und von diesem Zeitpunkt an wäre seine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 10 c BAT möglich gewesen. Ab 01. August 2012 bestimmte sich seine Vergütung nach Entgeltgruppe 10 Endstufe 5+.
Als sogenannte Personalüberhangskraft des ehemaligen ZeP wurde der Kläger nach § 3 Abs. 1 des Stellenpoolauflösungsgesetzes (StPAuflG) mit Wirkung vom 01. Juni 2013 zur Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt versetzt. Eine Änderung seiner arbeitsvertraglichen Bedingungen ist mit der Versetzung nicht verbunden gewesen. Seine Stelle ist auch dort mit einem kw-Vermerk versehen. Der Kläger arbeitet bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Referat III D Projektmanagement und Vertragswesen.
Durch Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSoz) vom 16. Juni 2005 ist beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 wegen einer Gebrauchsminderung und Funktionseinschränkung der linken Hand bei Zustand nach operativ versorgtem Handgelenksbruch mit außergewöhnlichem Schmerzsyndrom, regelmäßig wiederkehrenden Bronchitiden, Reizmagen, Migräne mit leichter Verlaufsform mit ein- bis zweimal monatlichem Anfall, endogenes Ekzem mit wiederkehrenden lokalen Hauterscheinungen ab März 2005 sowie die dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt worden. Durch Bescheid vom 04. November 2009 beträgt der GdB 40 mit Wirkung ab 7. August 2008. Bei der Feststellung zur dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit verblieb es.
Der Kläger hatte bereits am 13. Januar 2006 einen Antrag bei der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gestellt. Zur Begründung seines Antrages führte er aus, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner Behinderungen gefährdet sei. Dies wirke sich durch mehrfach lange und kürzere Krankschreibungen und eine verminderte Arbeitsleistung aus. Die Mithilfe von anderen Mitarbeitern sei erforderlich. Infolge einer Radiusfraktur und sich daraus ergebenden Problemen befinde er sich laufend in ärztlicher Behandlung.
Auf Befragen der Beklagten ließ der Polizeipräsident in Berlin erklären, dass gesundheitliche Einschränkungen des Klägers ihm bekannt seien („GdB 30 … ohne Gleichstellung“). Sie wirkten sich nicht auf die derzeitige Tätigkeit aus; jedenfalls sei dies nicht bekannt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen nicht gefährdet und auch nicht aus sonstigen Gründen gefährdet. Eine Möglichkeit zu einer innerbetrieblichen Umsetzung habe nicht bestanden. Die Schwerbehindertenvertretung ZSE bei dem Polizeipräsidenten in Berlin erklärte auf Befragen der Beklagten, die Arbeitsweise des Klägers sei durch einen Unfall stark eingeschränkt. Er sei als Berater von Brandmeldeanlagen tätig und müsse hierzu Baustellen und andere Dienststellen der Polizei aufsuchen. Arbeiten im Büro sowie am PC könnten nur mit starken Beschwerden verrichtet werden. Er habe Medikamente einzunehmen. Im Oktober 2006 sei er zum vierten Mal am Handgelenk operiert worden. Bedingt durch seine Erkrankungen sei es häufiger zu krankheitsbedingten Fehlzeiten gekommen, dies sei auch zukünftig zu erwarten. Der Arbeitsplatz des Klägers sei aus Sicht der Behindertenvertretung gefährdet. Auf weitere Ermittlungen der Beklagten erklärte der Personalrat der ZSE, die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers seien bekannt. Sie wirkten sich auf die derzeitige Tätigkeit durch häufige Fehlzeiten und Einschränkungen am Arbeitsplatz aus. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen wurde verneint.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 11. Mai 2006 die Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen ab. Ein Arbeitsplatz sei nicht vorwiegend aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet, sondern eher wegen des geplanten Stellenabbaus bzw. wegen der geplanten Versetzung zum Stellenpool. Sollte er eine Aussicht auf ein Dauerarbeitsverhältnis haben, werde ihm anheimgestellt, einen neuen Antrag zu stellen.
Der Kläger legte hiergegen am 02. Juni 2006 Widerspruch ein, zu dem er vortrug, zutreffend sei, dass er nicht in einem Dauerarbeitsverhältnis stehe. Für ihn sei die Gleichstellung insofern von größter Wichtigkeit, um seine Chancen für die Versetzung auf eine neue Stelle, ggf. auch in eine andere Behörde, gegenüber den Mitbewerbern zu korrigieren.
Auf nochmalige Anfrage der Beklagten erklärte das ZeP mit Schreiben vom 03. Juli 2006, dass weder das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Land Berlin noch sein konkreter Einsatz (Arbeitsplatz) im Bereich des Polizeipräsidenten aus Gründen der Behinderung gefährdet sei. Er sei zwischenzeitlich zu ihm (ZeP) versetzt worden. Der Personalrat beim ZeP teilte unter dem 04. August 2006 der Beklagten mit, der Kläger stünde in einem unbefristeten Dauerarbeitsverhältnis zum Land Berlin. Er habe jedoch zurzeit keine Planstelle inne, sondern befinde sich in einem befristeten Finanzierungseinsatz auf einer befristeten Stelle beim Polizeipräsidenten in Berlin. Dorthin sei er vom ZeP abgeordnet worden. Dieses Amt nehme die Arbeitgeberfunktion für das Land Berlin wahr. Wenn er nach Ende der Beurlaubung des Stelleninhabers beim Polizeipräsidenten nicht dort weiterbeschäftigt werden könne, sei nicht auszuschließen, dass er eine feste Stelle beim Polizeipräsidenten bekäme, dass er weiter im Rahmen eines Überhangseinsatzes beschäftigt werde oder dass er vom ZeP anderweitig in einen Übergangseinsatz abgeordnet werde oder dass für ihn eine Planstelle in einer Berliner Verwaltung gefunden werde.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, der Arbeitsplatz des Klägers sei nicht aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes könne in dem allgemein geplanten Stellenabbau und der geplanten Versetzung in den Stellenpool gesehen werden. Von diesen strukturellen Veränderungen beim Arbeitgeber seien jedoch alle Mitarbeiter – ob behindert oder nicht behindert – gleichermaßen betroffen. Eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen würde bei ihm eine Besserstellung bedeuten, obwohl eine Gefährdung des Arbeitsplatzes nicht im Zusammenhang mit einer Behinderung stünde.
Der Kläger hat am 09. März 2007 Klage zum Sozialgericht Berlin erheben lassen. Entgegen der Darstellung der Beklagten im Widerspruchsbescheid seien die gesundheitlichen Einbußen derart gravierend und ausschlaggebend für die Gefährdung des Arbeitsplatzes, dass eine Gleichstellung berechtigt sei. Seine Versetzung sei einzig und allein aus dem Grund erfolgt, weil er behinderungsbedingt häufiger ausgefallen sei. Dies könne nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.
Die Beklagte hat ergänzend zu ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid vorgetragen, der Kläger habe nichts vortragen lassen, dass die Behinderung die wesentliche Ursache für eine mögliche Arbeitsplatzgefährdung sei.
Das Sozialgericht Berlin hat durch Urteil vom 19. August 2010 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen lägen beim Kläger nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei nicht aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen gefährdet. Das Schreiben der Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung vom 20. Februar 2006, auf das der Kläger in der mündlichen Verhandlung besonders hingewiesen habe, stehe der negativen Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung als solcher nicht entgegen. Darin werde lediglich die Annahme geäußert, dass, bedingt durch Erkrankungen (Behinderungen) des Klägers, es häufiger zu krankheitsbedingten Fehlzeiten kommen werde und dass der Arbeitsplatz des Klägers aus der Sicht der Vertrauensperson gefährdet sowie nach Wegfall von dessen Aufgabengebiet der Kläger gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern nicht wettbewerbsfähig sei. Der Arbeitgeber habe vielmehr überzeugend dargelegt, dass der Kläger infolge Umstrukturierung in der Behörde seinen bisherigen Arbeitsplatz nicht weiterhin habe einnehmen können. Er stünde in einem unbefristeten Dauerarbeitsverhältnis zum Land Berlin.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 31. August 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. September 2010 Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er nimmt Bezug auf die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vom 20. Februar 2006.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt im Wesentlichen ihre bereits im Widerspruchsverfahren bzw. Klageverfahren gemachten Ausführungen.
Die Personalakten des Klägers sind vom Land Berlin zum Verfahren beigezogen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten sowie zwei Bände Personalakten der Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Umweltschutz verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Eine Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor, weil die Klage keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft.
Der Arbeitgeber des Klägers war nicht notwendig beizuladen, weil ihm gegenüber eine Entscheidung nicht ergeht, § 75 Abs. 2, 1. Alternative SGG. Denn ein Arbeitgeber kann nicht geltend machen, durch die Gleichstellung eines Arbeitnehmers mit einem schwerbehinderten Menschen in eigenen Rechten verletzt zu sein (BSG SozR 3-3870 § 2 Nr. 2; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 12. August 2010 – L 8 AL 180/08 –, juris).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG) zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen oder jedenfalls auf Neubescheidung durch die Beklagte hat.
Nach § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Abs. 2 der Vorschrift vorliegen, mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Bei dem Kläger haben ausweislich des Bescheides des LaGeSoz vom 16. Juni 2005 bereits ab März 2005 – also im Zeitpunkt der Antragstellung – die Voraussetzungen für die Feststellung eines GdB von 30 vorgelegen; mit Wirkung ab 7. August 2008 ist der GdB mit 40 bewertet worden (Bescheid des LaGeSoz vom 4. November 2009).
Die in § 2 Abs. 3 SGB IX erwähnten „weiteren Voraussetzungen des Abs. 2“ sind erfüllt, weil der Kläger in Berlin, zwischenzeitlich in Mittenwalde, Land Brandenburg wohnhafte und aufgrund seiner Anstellungsverträge bei Dienststellen des Land Berlins beschäftigte Kläger – wie von § 2 Abs. 2 SGB IX gefordert – seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne von § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des Gesetzbuches hatte bzw. hat. Im Ergebnis kann dabei dahingestellt bleiben, ob für Bestimmung des „Arbeitsplatzes“ auf die Ausführungen zu BSG (Urteil vom 06. Mai 1994 – 7 RAr 68/93 –, juris Rn. 32) zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 7 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) im Rahmen einer Entscheidung zur Rechtmäßigkeit von Bescheiden der Beklagten gemäß § 13 Abs. 2 SchwbG über die Anzahl der bei der Klägerin vorhandenen Arbeitsplätze und beschäftigten Schwerbehinderten zurückzugreifen ist oder auf die Ausführungen im Urteil vom 01. März 2011 (Az.: B 7 AL 6/10 R, juris Rn. 12) zu einem Gleichstellungsverfahren eines Beamten. In der zuerst genannten Entscheidung wird ausgeführt: „Was Arbeitsplatz iS des § 7 Abs. 1 SchwbG ist, bestimmt sich rein rechnerisch (Großmann ua, aaO, RdNrn 23 und 27 ff zu § 7; Cramer, aaO, RdNr 3 zu § 7; Neumann/Pahlen, SchwbG, 8. Aufl, RdNr 10 zu § 7), nicht etwa in einem gegenständlich-räumlichen Sinne als Beschäftigungsort bzw. in einem funktionalen Sinne als Inhalt dessen, was arbeitsvertraglich von einem Beschäftigten verlangt wird.“ Aus der weiteren Entscheidung kann nicht ausgeschlossen werden, dass wegen der Formulierung: „§ 73 SGB IX, der den Begriff des Arbeitsplatzes als Stelle definiert, auf der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden“ doch die funktionale Stelle gemeint sein kann (in diesem Sinne Hessisches LSG, Urteil vom 19. Juni 2013 – L 6 AL 116/112 –, juris Rn. 28).
Eine Erledigung des Rechtsstreits ist nicht eingetreten, weil der Kläger, als er den Gleichstellungsantrag im Januar 2006 stellte, einen Arbeitsplatz (funktional oder als Rechengröße) in der Dienststelle des Polizeipräsidenten in Berlin innehatte. Die funktionale Beschäftigungsstelle des Klägers bestimmt sich auf der Grundlage seines Arbeitsvertrages zum Land Berlin; anderes ist nicht festzustellen, wenn Arbeitsplatz als Rechengröße verstanden würde. Ausgehend hiervon ist das Begehren des Klägers, auch nach seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung darauf gerichtet zu verstehen, dass er einen Arbeitsplatz, nicht auf einer kw-Stelle, beim Land Berlin erhalten möchte. Der Umstand des Wechsels seiner Beschäftigungsstellen, durchaus mit anderen inhaltlichen Aufgaben seit seinem Wechsel vom Polizeipräsidenten in Berlin, führt nicht zur Erledigung des Rechtsstreits.Dies folgt auch aus der Beurteilung, auf welche Sach- und Rechtslage maßgeblich abzustellen ist. Das materielle Recht zwingt zu einer differenzierenden Betrachtungsweise (vgl. zum Folgenden: BSG, Urteil vom 2. März 2000- B 7 AL 46/99 R - juris). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Gleichstellung ist wegen der Rückwirkung zum Antragszeitpunkt und des Charakters als Prognoseentscheidung „in erster Linie“ (BSG a.a.O.) der Zeitpunkt der Antragstellung. Allerdings müssen aufgrund der Schutzrichtung und des Zweckes der Regelung neben dem Sach- und Streitstand bei Antragstellung alle wesentlichen Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur letzten mündlichen Verhandlung Berücksichtigung finden.
Die Voraussetzungen einer Gleichstellung liegen nicht vor.
Die Gleichstellung zum Erhalt des Arbeitsplatzes dient dazu, bei einer Arbeitsplatzgefährdung den Arbeitsplatz sicherer zu machen. Für Personen, die einen „sicheren Arbeitsplatz“ wie bei Beamten, Richtern auf Lebenszeit und Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz (Backendorf/Ritz in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz, SGB IX, 2006, § 68 Rn. 39) innehaben, bedarf es einer besonderen Prüfung, ob die Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 SGB IX vorliegen. Bei diesen Personengruppen können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung zwar vorliegen, es bedarf aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nicht behinderten Kollegen. Dies ist bei einem Beamten beispielsweise der Fall, wenn behinderungsbedingt die Versetzung in den Ruhestand (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Mai 2002 - L 9 AL 241/01; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. November 1995 - L 6 AR 159/94 -, ZfS 1996, 375 ff; Luthe in jurisPraxiskommentar, SGB IX, 2010, § 2 Rn. 102; Backendorf/Ritz, a.a.O., RdNr 39) oder die behinderungsbedingte Versetzung oder Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz droht (Backendorf/Ritz a.a.O.; Luthe a.a.O.). Einen Gleichstellungsanspruch wegen Arbeitsplatzgefährdung nehmen Rechtsprechung und Literatur daneben auch dann an, wenn die Behörde aufgelöst wird (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.; Luthe a.a.O.), obwohl in einem solchen Fall der Arbeitsplatz nicht (nur) gefährdet ist, sondern tatsächlich wegfällt und auch nicht zu erkennen ist, weshalb bei der Auflösung einer Behörde der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nicht behinderten Kollegen. Hier ist – wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes – eher an eine Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten (neuen) Arbeitsplatzes zu denken.
Der Kläger hat einen sicheren Arbeitsplatz inne.
Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder – Berlin (TVL-Berlin) können Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und unter die Regelungen des Tarifgebiets West fallen, nach einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2) von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Der Kläger genießt Kündigungsschutz für eine ordentliche Kündigung seines Arbeitgebers. Der Beginn der Beschäftigungszeit des Klägers, der 1951 geboren worden ist, ist bei ihm ab 28. August 1993 festgestellt worden. Er befand sich durchgehend beim Land Berlin in einem Arbeitsverhältnis. Ausgehend von diesem Datum war er ab 28. August 2008 nur noch aus wichtigem Grund kündbar. Seine derzeitige Dienststelle, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, bestätigt diese Auffassung auch.
Besondere Umstände im o.a. Sinne, die prognostisch annehmen lassen, dass der Kläger trotz bestehender Unkündbarkeit eine Arbeitsplatzgefährdung ausgesetzt ist, liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dem Kläger drohte weder eine Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Grünen noch drohte ihm die behinderungsbedingte Versetzung oder Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz oder die Auflösung einer Behörde, bei der er beschäftigt war oder noch ist. Auch die Tatsache, dass es seit Stellung des Gleichstellungsantrages bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung zu keiner Kündigung gekommen ist, spricht als Indiz gegen eine Arbeitsplatzgefährdung. Eine ordentliche Kündigung – soweit diese noch möglich gewesen ist – ist zur Überzeugung des Senats auch heute ausgeschlossen. Der Arbeitgeber hat zudem sowohl im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren erklärt, dass der Arbeitsplatz des Klägers aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen zurzeit nicht gefährdet sei. Auf Befragen der Beklagten ließ der Polizeipräsident in Berlin erklären, dass gesundheitliche Einschränkungen des Klägers ihm bekannt seien („GdB 30 … ohne Gleichstellung“). Sie wirkten sich nicht auf die derzeitige Tätigkeit aus; jedenfalls sei dies nicht bekannt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen nicht gefährdet und auch nicht aus sonstigen Gründen gefährdet. Auf weitere Ermittlungen der Beklagten erklärte der Personalrat der ZSE, die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers seien bekannt. Sie wirkten sich auf die derzeitige Tätigkeit durch häufige Fehlzeiten und Einschränkungen am Arbeitsplatz aus. Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen wurde ebenfalls verneint. Längere Fehlzeiten wegen einer Arbeitsunfähigkeit lassen sich zwar von Januar bis März 2007 und August 2007 bis März 2008 feststellen. Aktivitäten des Arbeitsgebers zu einer damals noch möglichen ordentlichen Kündigung des Klägers lassen sich anhand seiner Personalakte nicht feststellen. Ihr fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass der Arbeitgeber zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur die Arbeitsfähigkeit des Klägers durch ein vertrauensärztliches Gutachten hat untersuchen lassen wollen. Spätere längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers lassen sich nicht aus den Personalakten entnehmen und sind auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden. Vor diesem Hintergrund überzeugt die Erklärung der Schwerbehindertenvertretung ZSE bei dem Polizeipräsidenten in Berlin den Senat nicht. Starke Beschwerden bei Verrichtung von PC Arbeiten und starke Einschränkungen beim Aufsuchen von Baustellen und anderen Dienststellen bei der Polizei, lassen nicht erkennen, warum sein Arbeitsplatz wegen seiner Behinderungen nicht erhalten bleiben soll. Im Wesentlichen dominiert bei den als Behinderungen festgestellten Gesundheitsstörungen die Gebrauchsminderung und Funktionseinschränkung der linken Hand bei operativ versorgtem Handgelenksbruch mit außergewöhnlichem Schmerzsyndrom. Einschränkung seiner Fortbewegung lassen sich durch die anerkannten Behinderungen nicht erklären. Soweit der Kläger in der Vergangenheit Arbeitsplätze nicht innehalten konnte, ist nicht erkennbar, dass hierfür seine behinderungsbedingten Einschränkungen eine wesentliche Ursache gewesen sind. Der Kläger ist in der Vergangenheit auch nicht auf einen seiner Vergütung nicht gleichwertigen Arbeitsplatz umgesetzt worden. Derartiges ist auch nicht von Arbeitgeberseite erwogen worden. Hinweise hierzu sind seiner Personalakte nicht zu entnehmen. Er nahm im Übrigen zum 01. August 2012 an einem Bewährungsaufstieg teil.
Für den Kläger liegen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor, die die Voraussetzungen der 1. Alternative des § 2 Abs. 3 SGB IX (Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes) erfüllen. Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn der ursprüngliche Arbeitsplatz eines Beamten nicht mehr existiert, sei es, weil die Behörde aufgelöst wurde, sei es aus anderen Gründen, und der Beamte in eine andere Beschäftigung oder Tätigkeit vermittelt werden soll und selbst eine solche Vermittlung – unabhängig von der Frage eines Anspruchs auf eine amtsangemessene Beschäftigung – wünscht (BSG, Urteil vom 01. März 2011 – B 7 AL 6/10 R –). Maßgeblich auch hierzu ist, dass der Kläger „infolge“ seiner Behinderung (Kausalität) bei wertender Betrachtung (im Sinne einer wesentlichen Bedingung) in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigt und deshalb nur schwer vermittelbar ist. Entscheidendes Kriterium für die Gleichstellung ist deshalb die mangelnde Konkurrenzfähigkeit des Behinderten wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt, und zwar auf dem Arbeitsmarkt insgesamt, nicht etwa nur bezogen auf einen bestimmten Arbeitsplatz (BSGE 86, 10, 14 f = SozR 3-3870 § 2 Nr. 1 S. 6 f). An dieser Kausalität fehlt es aber für die vom Kläger in der Vergangenheit bis gegenwärtig wahrgenommen Tätigkeiten an verschiedenen Arbeitsplätzen. Seine als Behinderung festgestellten Gesundheitsstörungen haben weder der Vermittlung auf die Tätigkeit wieder beim Polizeipräsidenten in Berlin ab Juni 2006 noch beim Landesbetrieb für Gebäudewirtschaft ab Juli 2007 oder bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bzw. Stadtentwicklung und Umwelt ab Juli 2010 entgegengestanden. Wenn der Kläger sein Begehren mit der Begründung geltend macht, er möchte wieder auf einer nicht mit einem „kw“-Vermerk bewerteten Stelle arbeiten, dann rechtfertigt sich daraus nicht die Gleichstellung als schwerbehinderter Mensch. Ein „kw“-Vermerk, selbst wenn der Kläger auch gegenwärtig eine solche Stelle bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bekleidet und seine Tätigkeitsverrichtungen ggf. zukünftig wegfallen sollen, stellen keine Kriterien dar, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit seinen behinderungsbedingten Einschränkungen stehen. Diese Umstände resultieren aus haushalterischen oder organisatorischen Gründen. Im Übrigen reicht eine abstrakte Gefährdung des Arbeitsplatzes für eine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX nicht aus. Vielmehr müssen Tatsachen vorliegen, die den Rückschluss zulassen, dass der Arbeitsplatz wegen der Behinderung konkret gefährdet ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. April 2010, L 19 AL 51/09 [juris]). Das ist hier – wie ausgeführt – nicht der Fall.
Da auch ansonsten die Klage nicht begründet ist, weil darüber hinaus Ermessensfehler bei der angefochtenen Entscheidung der Beklagten nicht ersichtlich sind, hat nach allem das Gleichstellungsbegehren auch im Berufungsrechtszug keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.